Das Patientenrechtegesetz

Patientinnen und Patienten stehen im Mittelpunkt unseres Gesundheitssystems. Sie müssen selbstbestimmt und gut informiert sein. Mit dem Patientenrechtegesetz von 2013 ist die Stellung der Patientinnen und Patienten erheblich verbessert worden. So haben Patientinnen und Patienten seither zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf Information und Aufklärung gegenüber ihrem Arzt. Das schafft Transparenz und Vertrauen. Denn Konflikte werden dadurch oftmals schon ausgeräumt, bevor sie entstehen. Nachfolgend klären wir über die wichtigsten Fragen zum Thema Patientenrechte auf. Wir weisen darauf hin, dass dieser Beitrag keine Beratung im juristischen Sinne darstellt, einen Überblick geben soll und somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Welche Rechte haben Patienten und wie sind Patientenrechte geregelt?

Seit 26. Februar 2013 sind die Rechte und Pflichten im Patientenrechtegesetz verankert. Ein wichtiger Teil davon ist das Recht auf Selbstbestimmung. In der Praxis bedeutet das nichts anderes, als dass medizinische Maßnahmen, abgesehen von medizinischen Notfällen, die einer umgehenden Behandlung bedürfen, nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Patienten gestattet sind. Dazu gehören eine umfassende Information und ausführliche Aufklärung vorab. Diese beiden Punkte sind ebenfalls im Patientenrechtegesetz niedergeschrieben, genau wie die Schweigepflicht für Ärzte sowie das Recht auf Zweitmeinung.

Welches Recht auf Selbstbestimmung hat ein Patient im Behandlungsfall?

Behandlungen und sonstige medizinische Maßnahmen dürfen grundsätzlich nur mit der Zustimmung des Patienten durchgeführt werden – eine Ausnahme sind Notfälle, die einer schnellen medizinischen Behandlung bedürfen. Liegt eine Zustimmung nicht vor, kann der Betroffene Ersatzansprüche geltend machen. Sollte ein Patient nur eingeschränkt oder gar nicht einwilligungsfähig sein, kann ein gesetzlicher Vertreter oder rechtlicher Betreuer die Einwilligung geben.

Die Einwilligung wird erst dann erteilt, wenn der Arzt eine umfassende Aufklärung vorgenommen hat. Das soll bewirken, dass der Patient möglichst genau über seine Erkrankung und deren Behandlung und mögliche Risiken informiert ist.

Was ist ein Behandlungsvertrag und wie kommt er zustande?

Vertragsbeziehungen sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Ob Wocheneinkauf oder das sonntägliche Brötchen holen: Allen Transaktionen liegt eine vertragliche Beziehung zugrunde, so auch beim Arztbesuch. Eine vertragliche Beziehung bedeutet dabei nichts weiter, als dass zwei Parteien sich darauf verständigen, eine Leistung gegen eine Gegenleistung zu tauschen. Anders aber als beispielsweise beim Autokauf kommt der Behandlungsvertrag beim Arzt in der Regel automatisch ohne Unterzeichnung eines formellen Schriftstücks zustande. Vertragspartner sind dabei Ärzte, Therapeuten oder Heilpraktiker, während der Patient deren medizinische Behandlung in Anspruch nehmen möchte. Mit dem Behandlungsvertrag sind offiziell die Grundlagen der Leistungserbringung geregelt, ebenso wie Honorar und etwaige Schadensersatzansprüche. Sobald die Behandlung beginnt, ein Termin vereinbart wird oder ein Beratungsgespräch erfolgt, kommt der Vertrag formlos zustande. Er endet, wenn der Patient genesen, die Behandlung zu Ende oder der Vertrag offiziell durch einen Vertragspartner gekündigt ist.

Wie wirkt sich eine Notfallsituation auf den Behandlungsvertrag aus?

Ist ein Patient beispielsweise durch Bewusstlosigkeit geschäftsunfähig, kommt es nicht zu einem Behandlungsvertrag. Dennoch erfolgt eine Behandlung, da hier angenommen wird, dass eine Behandlung im Interesse des Betroffenen liegt. Auch aus einer solchen „Geschäftsführung ohne Auftrag“ entstehen Rechte und Pflichten für den Behandelten sowie die Behandelnden. Seitdem das Patientenrechtegesetz offiziell in Kraft ist, ist auch der medizinische Behandlungsvertrag gesetzlich verankert (630a bis § 630h BGB) und stärkt die Rechtslage für Patienten und Behandelnde.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die beteiligten Parteien aus dem Behandlungsvertrag?

Die Patientinnen und Patienten haben dem Behandlungsvertrag zufolge das Recht auf eine medizinische Behandlung nach den allgemein anerkannten Standards. Auf einen behandlungs- bzw. Heilungserfolg besteht allerdings kein Anspruch. Der Behandelnde hat darüber hinaus die Pflicht, den Patienten umfassend aufzuklären und zu informieren. Zudem muss die Behandlung dokumentiert werden. Dafür hat der behandelnde Arzt oder Therapeut das Recht, ein Honorar zu verlangen, das entweder der Patient selbst entrichtet oder ein Dritter begleicht, der zur Zahlung verpflichtet ist – meist die Krankenkasse. Der Behandlungsvertrag gilt nicht nur für niedergelassene und Krankenhausärzte, sondern für Berufsgruppen aller Heil- und Gesundheitsberufe.

Welche Informationspflicht haben Arzt und Patient?

Der behandelnde Arzt hat eine umfassende Informationspflicht: Dieser muss den Patienten vor der Behandlung über alle wichtigen Faktoren informieren. Dazu zählt auch eine Information über finanzielle Faktoren sowie Ratschläge zum Verhalten nach Abschluss der Behandlung.
Um nicht belangt werden zu können, muss eine ärztliche Beratung im Krankenhaus sowohl umfassend über Verlauf, Folgen und Risiken informieren als auch in therapeutischer, wirtschaftlicher und versicherungsrechtlicher Hinsicht aufklären. Darüber hinaus muss jeder Patient während einer ärztlichen Beratung auf etwaige alternative Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen werden. Erst wenn ein Patient auf Basis einer solchen Beratung der Behandlung zustimmt, sind ein Eingriff und dessen mögliche Folgen strafrechtlich nicht mehr relevant.
Eine ärztliche Beratung im Krankenhaus muss nicht zwingend vom Operateur selbst durchgeführt werden. Besitzt ein Kollege die entsprechenden fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, kann auch dieser das Aufklärungsgespräch führen. Auch ist ein Arzt dazu verpflichtet, den Patienten auf Nachfrage über erfolgte Behandlungsfehler zu informieren. Neben dem Behandelnden hat auch der Patient die Pflicht, seinen Arzt oder Therapeuten umfassend über seine Verfassung informieren.

Was passiert, wenn Ärzte oder Therapeuten ihrer Informationspflicht nicht nachkommen?

Wenn ein Arzt seinen Patienten nicht persönlich und umfassend über Behandlungen und deren mögliche Folgen und Risiken aufklärt, ist das kein Kavaliersdelikt sondern fällt unter den Straftatbestand der Körperverletzung (§223 StGB).

Wann sind Ärzte von der Informationspflicht entbunden?

Ausdrücklich von der Informationspflicht des Behandelnden ausgenommen ist eine Notfallbehandlung. Darüber hinaus muss ein Patient nicht informiert werden, wenn er ausdrücklich auf eine Aufklärung verzichtet oder selbst genügend Fachwissen besitzt. Zudem kann aus medizinischen Gründen auf eine Aufklärung verzichtet werden, beispielsweise wenn von einer durch die Aufklärung verursachten Aufregung eine Gefahr für den Patienten ausgehen sollte.

Was versteht man unter dem „Recht auf eine sorgfältige Heilbehandlung“?

Das Recht auf eine sorgfältige Heilbehandlung hat jeder Patient. Darunter zu verstehen ist die sachgemäße Behandlung nach dem sogenannten Facharztstandard. In diesem Standard ausdrücklich nicht enthalten ist eine Erfolgsgarantie der Behandlung.

Was ist der sogenannte Facharztstandard?

Der Facharztstandard besteht aus zwei Komponenten: Einerseits muss eine Behandlung nach dem aktuell anerkannten und gesicherten medizinischen Standard erfolgen. Außerdem muss die Behandlung von einem geeigneten und befähigten Facharzt vorgenommen werden. Trifft eine dieser Komponenten nicht zu, verstoßen die Behandelnden gegen den Facharztstandard. Entsteht in dieser Situation ein Schaden, wird angenommen, dass er aufgrund des fehlenden Facharztstandards unterlaufen ist.

Was beinhaltet die ärztliche Schweigepflicht?

Die ärztliche Schweigepflicht verpflichtet Ärzte und an der Behandlung beteiligte Personen, bei der Behandlung und Pflege des Patienten mit jeglichen Informationen und Daten vertraulich umzugehen.

Hat der Patient ein Recht auf Zweitmeinung?

Ja! Patienten haben das Recht, die Meinung eines anderen Arztes einzuholen. Gesetzlich Versicherte sollten jedoch vorsichtshalber bei der Krankenkasse nachfragen, ob diese die Kosten für eine Zweitmeinung übernimmt. Grundsätzlich muss sie das aber, vorausgesetzt der konsultierte Arzt ist Vertragsarzt der Krankenkasse. Ausgenommen davon ist die Erstellung medizinischer Gutachten. Bei einer Zweitmeinung muss der Arzt nicht mehr das gesamte Diagnoseverfahren wiederholen. Stattdessen können die Unterlagen beim Erstbehandler angefordert werden – wahlweise durch die Ärzte selbst oder den Patienten.

Haben Patienten eine freie Arztwahl?

Ja, jeder Patient darf frei entscheiden, zu welchem niedergelassenen Arzt er geht. Auch über den Umfang der Behandlung und darüber, ob überhaupt behandelt werden soll, entscheidet der Patient. Der Arzt hat dagegen die Wahl, ob er eine Behandlung durchführt oder nicht. Eine Ausnahme davon sind Notfälle. Gründe für einen Arzt, die Behandlung eines Patienten abzulehnen, können persönliche Überlastung oder ein gestörtes Vertrauensverhältnis sein. Vorsicht ist geboten bei Wahltarifen mit Bezeichnungen wie beispielsweise „Hausarztmodell“ oder „integrierte Versorgung“. Bei diesen Modellen kann die freie Arztwahl eingeschränkt sein.

Darf ein Patient das Krankenhaus frei wählen?

Grundsätzlich darf ein Patient frei auswählen, in welchem Krankenhaus eine Behandlung stattfinden soll. Die Krankenkassen übernehmen allerdings nur die Kosten von Häusern, die eine entsprechende Zulassung besitzen. Außerdem kann eine Krankenkasse die Übernahme von Mehrkosten ablehnen. Darunter fällt beispielsweise eine längere Anfahrt aufgrund eines weiter entfernten Krankenhauses. Bei akuten Notfällen kann der Patient gegenüber dem Rettungsdienst zwar Präferenzen äußern, jedoch ist der Rettungsdienst verpflichtet, gemäß der Diagnose das nächstgelegene geeignete Krankenhaus mit freien Kapazitäten anzusteuern. Das ist vom Rettungsdienst noch während des Transports abzuklären. Krankenhäuser sind verpflichtet, Patienten aufzunehmen und zu versorgen. Wenn die Einrichtung belegt ist, der Patient aber sofort versorgt werden muss, muss ein Krankenhaus Patienten aufnehmen und nötigenfalls für eine Verlegung sorgen.

Besteht auch im Krankenhaus eine freie Arztwahl?

Die freie Arztwahl besteht im Krankenhaus in der Regel nicht, da der Behandlungsvertrag nicht mit einem Arzt, sondern mit dem Klinikträger geschlossen wird. Daher entscheidet das Krankenhaus, welche Ärzte bei der Behandlung eingesetzt werden. Wenn der Vertragspartner ein bestimmter Belegarzt ist, wird üblicherweise vor der Aufnahme ein schriftlicher Vertrag geschlossen.

Gilt der Behandlungsvertrag gleichsam für privat wie für gesetzlich Versicherte?

Der Behandlungsvertrag mit all seinen Rechten und Pflichten gilt für alle Patienten, unabhängig von deren Versicherungsstatus. Der Unterschied liegt lediglich im Kostenträger: Bei gesetzlich Versicherten rechnet der Behandelnde direkt mit der Krankenkasse ab. Lediglich bei Leistungen, die von der Krankenkasse nicht getragen werden, wird eine Rechnung an den Patienten gestellt. In diesem Fall hat der Behandelnde die Pflicht, den Patienten vorab über die anfallenden Kosten aufzuklären. Bei privat Versicherten wird die Rechnung über die erbrachten Leistungen dem Patienten berechnet. Dieser bezahlt diese zunächst und rechnet im Anschluss mit seiner privaten Krankenversicherung ab, die anschließend die Kosten erstattet.

Darf jeder seine Krankenkasse frei wählen?

Ja! Innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung kann die Krankenkasse frei gewählt werden. Auch privat Versicherte können den Anbieter frei wählen, müssen sich allerdings einer Gesundheitsprüfung zur Bestimmung ihres persönlichen Risikos unterziehen. Bei bestimmten Vorerkrankungen können dann Leistungen ausgeschlossen, Zuschläge verlangt oder der zu Versichernde komplett abgelehnt werden.

Kann ein Patient Widerspruch gegen Entscheidungen der Krankenkasse einlegen?

Auch das. Erhält ein Versicherter einen Ablehnungsbescheid (für eine Kostenübernahme) von der Krankenkasse, kann er innerhalb einer vorgegebenen Frist Widerspruch gegen den Beschluss einlegen. Die Dauer dieser Frist variiert von Krankenkasse zu Krankenkasse. Die Einhaltung der Frist ist zwingend. Sobald sie verstrichen ist, wird der Beschluss rechtskräftig.

Ein Widerspruch kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Vorab kann allerdings eine Beratung empfehlenswert sein, wie sie unter anderem die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) anbietet. Wird auch der Widerspruch von der Krankenkasse abgelehnt, besteht die Möglichkeit, beim Sozialgericht Klage einzulegen. Diese muss innerhalb eines Monats nach Eingang des Widerspruchbescheids erhoben werden.

Wann hat ein Patient Anspruch auf Schmerzensgeld oder andere Ersatzansprüche?

Einen Anspruch auf Schmerzensgeld oder andere Ersatzansprüche hat ein Patient nur, wenn der Schaden nachweislich auf Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Der Anspruch besteht bis 30 Jahre nach dem Behandlungsfehler – dann verjähren die Ersatzansprüche. Wenn ein Arzt eigene Fehler eingesteht, entstehen daraus keine unmittelbaren strafrechtlichen Folgen. Neben dem Behandelnden besteht auch für die Patienten eine Informationspflicht. Er muss seinen Arzt oder Therapeuten umfassend über seine Verfassung informieren. Tut der Patient dies nicht, trägt er im Schadensfall eine Mitschuld.

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